Geschmack macht einsam.
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Von einer ganz besonderen Variation zum Thema "Strichacht".

Text: Thomas John
Fotos: David Bothen

Den Mercedes Strichacht kennt wirklich jeder! Selbst Leute, die überhaupt nichts mit Autos und noch weniger mit Oldtimern zu tun haben, wissen um das behäbige, unkaputtbare und mittlerweile einfach coole Image des Strichachts, dieser allgegenwärtigen Mercedes-Baureihe, die ihren Namen dem Erscheinungsjahr 1968 verdankte. Von der Kapitalistenkarre, die, wenn überhaupt, nur ohne das dreigezackte Sternchen auf der Haube einigermaßen sozialverträglich war, mauserte sich das unkaputtbare Langzeitvehikel mit den unerreichten Komfortqualitäten und den behäbigen, durstigen Motoren im Laufe der Jahre zu Deutschlands Nummer-Eins-Oldtimer überhaupt. Ab Werk erhältlich waren lediglich drei Karosserieformen, eine normale und eine verlängerte Limousine sowie ein elegantes, wenn auch etwas gewöhnungsbedürftiges Coupé mit aufwendigen, voll versenkbaren Fensterfronten. Diese Uniformität schrie natürlich nach individuellen Umbauten und Kleinserien, und im Laufe der Jahre bevölkerten unzählige Variationen des Strichacht-Themas die Straßen: Kombis, Krankenwagen, Leichenwagen, Pick-Ups und sogar Rennwagen seien hier genannt, gefertigt in vielen verschiedenen Ausführungen in aller Herren Länder.

 

 

Angesichts dieser Vielfalt ist es natürlich schwer, als Strichacht-Besitzer in der Menge überhaupt auffallen zu können. Aber, wie eine japanische Firma später so zutreffend titelte, "nichts ist unmöglich"! Genau das dachte sich wohl irgendwann in den 70er oder frühen 80er Jahren ein Karosserie-Spengler in der Gegend um Wiesbaden. Dieser Handwerker hatte offenbar seine ganz eigenen Vorstellungen davon, wie ein Mercedes eigentlich auszusehen habe, und legte an einem harmlosen, hellelfenbein lackierten Mercedes 240D dann gründlich Hand an!

Ob sich das Ergebnis wirklich blicken lassen konnte, das dürft Ihr selbst entscheiden... auf jeden Fall war dieser Kreation ein hoher Aufmerksamkeitsgrad sicher, wo immer sie auftauchte! Die Umbauarbeiten sind alle in Blech ausgeführt worden - und mit einer erstaunlichen Gründlichkeit wurde wirklich jedes Detail an dem Wagen umgestaltet. Von der völlig umgestalteten Front mit Käfer-Blinkern und offenbar selbstangefertigtem Kühlergrill über das verkürzte und abgesenkte Heck mit den VW K70-Rückleuchten*, die an den Türen angeschweißten Pausbäckchen der Kotflügel, bis hin zu Details wie dem riesenhaften Kofferraumgriff, das etwas irritierende Typenschild, oder die an den Regenrinnen an der C-Säule angebrachten, blanken Metallprofile - der Mann hat in jedem Fall ganze Arbeit geleistet!

*ursprünglich hatten wir geschrieben, die Rückleuchten seien von Fiat - dann hat aber ein aufmerksamer Leser darauf hingewiesen, daß sie wohl vom K70 stammen....!

ein Fest der Schwülstigkeit in creme, braun und Mahagoni

Die minutiöse Arbeit setzt sich im Innenraum fort. Das Armaturenbrett ist komplett aus Mahagoni gefertigt und nimmt sämtliche Strichacht-Instrumente und Bedienelemente auf. Passend dazu die Mittelkonsole und die vordere Armlehne mit dem integrierten Ablagefach. Den völlig kuriosen Charakter des Wagens unterstreichen die etwas nach Sanitärware aussehenden, schwarzen Gummimatten im Fußraum - aber immerhin wird die Farbe schwarz von den inneren Türgriffen wieder aufgenommen! Über Geschmack läßt sich nicht streiten - der Mann hat jedenfalls wirklich an alles gedacht und auch alle Einzelheiten seines ganz persönlichen Traumes bewußt durchgestaltet!

Leider können wir nur vermuten, auf welchen Rädern der Mercedes früher seine Umgebung unsicher gemacht hat. Ich persönlich tippe ja auf Stahlfelgen mit Mercedes-Radkappen, die wahrscheinlich zweifarbig in den Farbtönen der Karosserie lackiert worden sind. Für die Fotomontage, die Ihr oben sehen könnt, habe ich allerdings dreisterweise großzügig dimensionierte Alufelgen des aktuellen Mercedes SLK verwendet.

Das Ende dieses Autos ist vergleichsweise traurig - die Bilder sind bei einer Schrottplatz-Tour in Wiesbaden entstanden, Anfang 2001. Kurz danach dürfte dieser kuriose Mercedes geschlachtet worden sein, der Motor und die Räder waren bereits ausgebaut. Einen Käufer für eine so .... naja sagen wir mal gewöhnungsbedürftig gestaltete .... Karosse zu finden, war begreiflicherweise unmöglich. In Nahost hätte der Mercedes sicher einen LIebhaber gefunden, obwohl dort solche Umbauten lieber an Modellen der S-Klasse vorgenommen werden. Immerhin hat der Erbauer seinem Schützling offenbar lange Jahre die Treue gehalten. Es war sein persönlicher Traum, und ihn später an jemand anders zu verkaufen, hätte letztlich zur Geschichte eines solchen Traumes auch gar nicht gepaßt.

 

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