Zwischen Kult und Klassik
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Ganz zum Schluß....

....endet wohl jede Auto-Geschichte mit einem Abschied. Ich hoffe für Euch, daß es nicht der gleiche Abschied ist wie bei meinem Mercedes. Das erste Auto, das ich je hatte.... fast 300.000 Kilometer und über 8 Jahre hat er mich auf allen Wegen begleitet und war schon wie ein Wohnzimmer für mich. Bis er im April 2002, eines Tages, gestohlen wurde. Vielleicht schiebt er sich jetzt noch endlose Jahre über dubiose afrikanische Straßen, bis nichts mehr von ihm übrig ist. Wahrscheinlicher aber ist er bereits innerhalb der ersten Wochen nach dem Diebstahl geschlachtet und seine Einzelteile in aller Herren Länder verstreut worden. Jedenfalls gibt es keine negative Erinnerung, die ich mit diesem Wagen verbinde. Ein echter Mercedes eben. Hier ist das letzte Foto, was ich von meinem Wagen habe.

8 Jahre mit dem 200D

"Das Gute reist mit der Geschwindigkeit einer Schlange. Das Böse hat Flügel." Wer mit einem Mercedes 200D glücklich ist, stimmt diesem Ausspruch Ghandis sicherlich zu. Mit 1.420 im Fahrzeugschein eingetragenen Kilogramm Leergewicht und einem 60 PS starken Dieselmotor schiebt sich dieser Wagen nicht direkt wie eine Schlange, sondern eher noch wie die riesige Schildkröte, die den gesamten Erdenball auf ihrem Rücken ertragen muß, durch den Verkehr. Dennoch ist es höchst bemerkenswert, daß es eben doch Leute gibt, die mit dem 200D ihr Glück auf vier Rädern gefunden haben, und deren sonstiges Leben trotzdem nicht etwa das eines Kaltblüters widerspiegelt!

Wer heiß auf alte auto motor und sport-Berichte über den Mercedes W123 ist, sollte sich diese Auflistung mal anschauen....

Die Qualitäten eines alten Mercedes aufzuzählen, und ganz besonders die der Baureihe W123, zu der der auf diesen Seiten abgebildete Wagen gehört, ist müßig. Zu seinen Lebzeiten war der W123 zeitweilig nach dem VW Golf das meistverkaufte Automobil in Deutschland, und das, obwohl damals die Preisgestaltung des Hauses Mercedes-Benz noch wesentlich selbstbewußter als heute war. Man bezahlte eben noch in den 1980er Jahren ganz selbstverständlich für einzigartige Qualität und war dafür auch bereit, auf höchste Fahrleistungen und luxuriöse Ausstattung zu verzichten. Trotzdem waren die Mercedes auch immer Autos für die linke Fahrspur, mit Motorleistungen von bis zu 185 PS fühlte sich selbst der W123 auf Autobahnen absolut pudelwohl. Die Diesel-Modelle, allen voran der asthmatische 200D, bildeten somit schon im Neuzustand selbst für Mercedes-Verhältnisse eher einen Anachronismus. Für das Taxigewerbe war das nie ein wirkliches Problem, während die meisten Privatpersonen wohl doch lieber wenigstens zum stärkeren 240D mit immerhin 72 PS, oder gar zum für damalige Verhältnisse regelrechten Diesel-Dampfhammer 300D griffen.

 

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[oben, drei Bilder]
Original und Fälschung: Vielen Dank an Björn aus HH, der dieses gelungene S-Klasse Facelift erstellt hat! So hätte der 123 damals wirklich aussehen können, hätte Mercedes das Design nur konsequent genug an die 1979 erschienene Modellreihe W126 angepaßt.... ähnlich wie es ja früher beim Strichacht auch geschehen ist!

[oben rechts, und unten]
diese schicken neuen Felgen von Mercedes würden dem W123 ausgesprochen gu stehen - leider nur eine Fotomontage! Oben als (nicht lieferbare) 14 Zöller mit 175/80, unten als 16 Zöller (exakt die Felgen der aktuellen S-Klasse) mit 205/65 Bereifung - diese Variante ist machbar für jeden, der das nötige Kleingeld dafür aufwenden will....
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Vom Urlaubswagen zur Studentenkutsche....

Dennoch ließ sich ein Daimler-Benz Händler im Jahre 1983 dazu verleiten, einen schlichten, aber ganz nett ausgestatteten weißen 200D als Vorführwagen in seinen Verkaufsraum zu stellen, womit wir dann bei der Geschichte meines eigenen Wagens angekommen wären. Damals war weiß durchaus noch eine Modefarbe nicht nur für einen Mercedes, dazu gab es eine beige Innenausstattung aus Stoff mit vier Kopfstützen, ein mechanisch zu bedienendes Stahlschiebedach, eine Zentralverriegelung und einen elektrisch verstellbaren rechten Außenspiegel. Die Servolenkung gehörte immerhin seit Modelljahr 1983 schon zum serienmäßigen Standard, genau wie das Armaturenbrett von einer dünnen Leiste aus Zebranoholz verziert wird. Alles in allem war somit alles Wichtige an Bord, um die Kunden zu verzücken - und natürlich auch der legendäre 2-Liter Dieselmotor mit seinen 60 PS.

Nach einem Jahr als Vorführwagen des Autohauses fand der Wagen dann zu seinen ersten Privatbesitzern in Dortmund-Unna. Ein gutsituiertes Ehepaar, das eine eigene Spedition leitete und den Mercedes in den nächsten 10 Jahren in der Hauptsache für Urlaubsfahrten benutzte. So standen im Jahre 1993 immer noch erst 70.000 Kilometer auf dem Tachometer. Da der Wagen von der speditionseigenen Werkstatt gewartet wurde, blieb das Scheckheft übrigens von Anfang an leer - lediglich die allererste Inspektion nach dem Einfahren ist vermerkt worden! Irgendwann war es den Besitzern nach einem Fahrzeugwechsel zumute, und der alte Diesel fand seinen Weg in den Kleinanzeigenteil der Rheinischen Post, wo er mit stolzen 10.500 DM aufgerufen wurde.

Zu der Zeit hatte ich gerade meinen Führerschein bekommen und eigentlich vor, einen neuen Golf III anzuschaffen, so wie das in den 1990er Jahren wohl jeder tat, der das nötige Kleingeld im Familienkreis auftreiben konnte. Durch meine Kindheit nachhaltig geprägt, hatte ich mich jedoch gottseidank umentschieden und hielt lieber nach einem alten Mercedes Ausschau. Da ich von Autos nie richtig Ahnung hatte (und auch heute nicht habe) wollte ich den besten kaufen, den ich finden konnte, und so fiel mir die Kleinanzeige mit dem Wahnsinnspreis und der niedrigen Kilometerzahl natürlich direkt auf. Als ich mir den Wagen vor Ort anschaute, sah er auch wirklich fast aus wie neu und fuhr sich auch sehr schön, man konnte sogar auf ebener Strecke überraschend fix auf Tacho 100 beschleunigen und das Lenkrad hatte auch kaum Spiel, der Motor befand sich unter der Haube, innen war alles sehr ordentlich und nur am Heckscheibenrahmen ein winziges Stückchen Rost zu erkennen. Der Besitzer ging im Preis noch um 2.000 Mark herunter ..... mit 8.500 DM war er immer noch kein Sonderangebot, aber mir gefiel ja alles, vor allem auch die Farben, und dann war es plötzlich mein Diesel!

 

 

....aber er hat's doch gut überlebt!

Zu dem Zeitpunkt, wo ich diese Zeilen schreibe, besitze ich diesen Wagen seit 7 Jahren und ein paar Monaten. Die Uhr steht mittlerweile kurz vor 310.000 Kilometern und das Auto hat in der Zwischenzeit 6 (kleine) Unfälle hinter sich gebracht, jahrelangen Alltagsbetrieb im Sommer und im Winter, und natürlich auch einige längere Ausflüge. Da ich mit 18 in meinem Freundeskreis natürlich den größten, wenn auch den langsamsten Wagen hatte, und das Fahren damit immer liebte, sind wir am Wochenende vorzugsweise mit dem 200D losgezogen. So sammelten sich die Erinnerungen bei mir und meinen Freunden, und überhaupt ist dieser Wagen aus meinem Leben so ohne weiteres gar nicht mehr wegzudenken! Es ist eben mein mobiles Wohnzimmer.

Ich finde den Mercedes innen zwar einfach, aber sehr elegant eingerichtet, auch die Farbkombination - alles in Beige, mit schwarzem Armaturenbrett, Lenkrad und Mittelkonsole wirkt schön, hell und freundlich. Mittlerweile hat er eine wunderbare cremefarbene Lederausstattung aus einem 200 oder 230E von 1984, mit der ein Exporthändler wohl nichts anzufangen wußte. Ansonsten präsentiert er sich immer noch völlig original, wenn man mal davon absieht, daß ich je nach Laune mit Fuchs-Alufelgen, mit den originalen weiß lackierten Radkappen, oder mit unlackierten Radkappen durch die Gegend fahre. Aber ein bißchen spleen muß ja schließlich sein.

Worauf läßt man sich eigentlich ein, wenn man so ein altes Vehikel tagtäglich fährt? Meiner Ansicht nach muß man ja nicht auf viel verzichten. Daß er langsam ist, habe ich erwähnt, und das ist objektiv natürlich schon ein Nachteil. Entweder man kann damit leben, oder man kauft sich einen 230E, der mit 136 PS zwar völlig ausreichend motorisiert ist, aber dafür auch nach fast doppelten Spritkosten verlangt. Ansonsten ist er groß - ich mag das nicht nur, sondern brauche das auch für mein Wohlbefinden - und natürlich hat er eine sehr weiche Federung. Dem kann man durch Tuningmaßnahmen, breite Reifen und härtere Federn, abhelfen. Ich persönlich mag aber eben genau die weiche Federung!


Schöner wohnen.

Schwarzes Plastik? Synthetischer Stoff? Chemischer Neuwagengeruch? Es gibt eine Alternative: So wie auf dem Foto rechts muß es in einem Auto aussehen, und schon wird jede Fahrt zu einem angenehmen, entspannenden Erlebnis! .... Dieses Rundum-Panorama ist am 5. Februar 2001, mit etwas über 314.000 Kilometern auf der Uhr, entstanden. Hier klicken!

© Panorama T. John, Köln 2001.


Keine Angst, perfekt sind auch die alten Benze nicht!

Denn es gibt einen einzigen echten Nachteil, den leider viele alte Mercedes gemeinsam haben: die Lenkung! Sie ist leichtgängig und nach heutigen Maßstäben gefühllos, was aber noch nicht das Problem ist, zumal diese Auslegung letztlich auch wieder reine Geschmackssache ist. Leider aber haben fast alle Mercedes-Lenkgetriebe übermäßiges Spiel in der Mittelposition, das heißt beim Geradeausfahren kann man das Lenkrad mindestens um zwei Finger breit drehen, ohne daß irgendeine Reaktion erfolgt. Stört mich nicht besonders, außer bei starkem Seitenwind auf der Autobahn, aber ich kenne auch Leute, die eben genau das zum Wahnsinn treibt! Ein neues Lenkgetriebe kostet gut und gerne 2.000 DM und die Aufarbeitung des alten etwa die Hälfte. In beiden Fällen kommt aber das Lenkspiel über kurz oder lang doch immer wieder....

Also, wer mit der Langsamkeit, der weichen Straßenlage und der gefühllosen Lenkung leben kann oder will, der bekommt dafür bei jedem alten Mercedes nach wie vor alle Qualitäten, die einen heutigen Wagen auszeichnen, und noch ein paar mehr! Aktive und passive Sicherheit, viel Komfort, viel Platz, geringer Wartungs- und Reparaturaufwand, die sprichwörtliche Mercedes-Qualität und Haltbarkeit, ein weltweites Netz an Vertragswerkstätten (wobei weltweit nicht nur Mitteleuropa meint!), und dazu noch dieses einzigartige, altmodisch-klassische Flair.

Für meinen Wagen waren, abgesehen von den vielen Blechreparaturen und Teillackierungen, weil ich ja ständig beim Parken irgendwo gegengefahren bin, bisher nur sehr sehr wenige außerplanmäßige Reparaturen notwendig: einmal ein Traggelenk an der Vorderachse (ca. 400 DM) und einmal wurde das Rostloch hinten am Scheibenrahmen (das schon beim Kauf vorhanden war) zugeschweißt, mit Aus- und Einbau der Heckscheibe habe ich etwa 1.000 DM dafür gezahlt. Ansonsten gab es Ölwechsel, 2 oder 3 neue Auspuffe, 2 neue Kupplungen, neue Reifen, einmal eine neue Batterie, und demnächst werde ich auch die originalen Stoßdämpfer ersetzen. Für 7 Jahre und über 230.000 Kilometer ist das schon eine überzeugende Bilanz! Daß ich mittlerweile über 1.100 DM jährlich dem Fiskus in seinen nimmersatten Rachen werfen muß, dafür kann der arme Diesel ja nichts. Außerdem gleicht sich das in meinem Fall noch locker mit der günstigen Versicherung aus, die nämlich noch nach PS-Tarifen abgerechnet wird. Die nächsten 2 bis 3 Jahre werde ich sicherlich noch nicht die Lust an dem Wagen verlieren. Wenn ich ihn danach immer noch behalten will, dann bekommt er eine neue Lackierung und wird nur noch im Sommer gefahren. Aber bis dahin stehen ja sicherlich noch mindestens 70.000 weitere glückliche Alltagskilometer in's Haus.... also schaun'wer mal!

Wenn Ihr jetzt neugierig geworden seid, dann schaut doch mal auf den folgenden Seiten der beiden großen W123-Clubs in Deutschland vorbei, die zum Thema W123 viele weitere Informationen bieten:

Mercedes-Benz W123 Club

Verein für Freunde des W123

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