A Day at the Races (Teil 2)
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eine halbe Stunde Romantik....A day at the races..... fiebrige Rhythmen und lupenreiner Achtzylinder-Sound. Mit Ihrem "Race"-Track vermittelten Yello, die Altmeister der elektronischen Musik, vor gut 20 Jahren die Spannung eines Tages an der Rennstrecke. Die Spannung eines Tages, den man auf der Zuschauertribüne verbringt, während man über die vielfältigen Absperrungen und Sicherheitszäune hinweg auf eine glatte, weitläufige, perfekte Asphaltwüste blickt und gespannt dem Soundtrack gar wunderbarer, urwüchsiger Rennmaschinen lauscht. Einen solchen Tag habe ich Anfang August am Nürburgring verbringen dürfen und Euch ja bereits ausführlich davon berichtet - Teil 1 dieser Story findet Ihr hier. Aber der Nürburgring ist natürlich mehr als nur eine moderne, perfekte, geradezu androgyne Kreisstrecke. Der Nürburgring ist eine Ikone des Rennsports, eine faszinierende Straße in einer großartigen Landschaft, die Geschichte geschrieben hat und deren Präsenz vielleicht auch den größten Feind des Motorsports in ihren Bann zu ziehen vermag. Und der Nürburgring ist ein idealer Schauplatz für ein riesiges, gesellschaftliches Rahmenprogramm, das ganz einfach durch die Anwesenheit der vielen Gäste und Zuschauer zu regem Eigenleben erwacht. So wird auch der Oldtimer-Grand Prix zum Schauplatz einer Fülle wirklich seltener Oldtimer-Treffen, die über das übliche Mercedes- oder VW-Treiben weit hinausgehen. Auch für mich ist dieses Renn-Wochenende im Jahr ein wichtiger Termin, denn hier - und nur hier - treffen sich jährlich die Liebhaber klassischer Rover-Fahrzeuge. Nur hier ist die Chance, in Deutschland mehr als einen alten Rover auf einmal zu Gesicht zu bekommen, höher als bei einem Lottogewinn! |
Mein persönlicher LottogewinnEs gibt diese Momente, auf die man sich so sehr freut, daß man sie, wenn sie dann eintreten, gar nicht richtig wahrnehmen und erleben kann! Das ist hier nicht anders: Da stehen, auf Parkplatz B2 des Nürburgring-Geländes, plötzlich ein gutes Dutzend alter Rover der P4, P5 und P6-Baureihen nebeneinander in einer Reihe, als gäbe es nichts Selbstverständlicheres auf der Welt! Doch nach ein bißchen Fachsimpeln und sich nach dringend benötigten Ersatzteilen umhören zieht es mich erst einmal wieder zu den Tribünen zurück, Rennatmosphäre tanken: Denn das Zuschauen am Ring macht natürlich doppelt soviel Spaß, wenn man weiß, daß das größte Erlebnis noch am Abend, nach den diversen Autorennen, auf uns warten wird: Von jedem Club dürfen drei Fahrzeuge gegen 7 Uhr auf die Piste, eine kostenlose Runde über die berühmte Nordschleife fahren - über den wahren Nürburgring! Nun sind alte Rover zwar keine ausgesprochenen Rennwagen und ihre Besitzer auch keine geborenen Rennfahrer, aber die Aussicht, in einem klassischen V8 die vielleicht berühmteste Rennstrecke Deutschlands erleben zu dürfen, klingt natürlich dennoch äußerst verlockend! Auch das Wetter zeigt sich von seiner besten Seite. Ideale Voraussetzungen, die Landschaft und die Rennstrecke der Eifel völlig entspannt genießen zu können! Gegen 7 Uhr finden wir uns mit insgesamt drei Wagen, zwei Achtzylinder-P6 und einem besonders seltenen Rover P4, in einer lange Schlange von Fahrzeugen wieder, die sich auf einen Besuch der Nordschleife vorbereiten. Und dabei gehen doch jedem Oldtimer-Liebhaber die Augen auf! Augen, denen sich eine unüberschaubare Armada von BMWs der CS-Reihe, sowie E3-Limousinen, darbietet, gefolgt von diversen heiß präparierten Renault Alpine, einer Staffel Renault 5..... und direkt vor uns in der Reihe ein absoluter Blickfang: gleich vier (!) DeLorean-Sportwagen..... Das macht bereits die Wartezeit zu einem Erlebnis. Genau wie der verhalten röhrende Achtzylinder unter der Haube, der seine Kraft über ein ziemlich störrisches Viergang-Schaltgetriebe auf die Straße bringt. "Unser" Wagen ist ein Rover 3500S mit zwei Vergasern und gut 150 PS. Nicht viel für einen Höllentrip auf einer Rennstrecke, aber für uns ist es sowieso mehr eine touristische Ausfahrt, und außerdem sind die brutal wirkenden DeLorean mit ihren schwächlichen 132 PS im Heck auf dem Papier tatsächlich noch langsamer als wir!! Dafür ist unser Wagen mit insgesamt vier Personen gut besetzt, und für interessante Unterhaltung während der Fahrt auf der Nordschleife ist doch sowieso gesorgt, wenn sich ein Autobianchi A112-Alltagsfahrer neben einem Spitfire-Liebhaber und einem Mercedes-Dieselfahrer in gemütlicher Clubatmosphäre eines alten Engländers finden...... So geht es dann endlich auf die berühmte Nordschleife. Am Eingangspunkt werden wir durchgewunken und schlängeln uns durch eine endlose Leitplankengasse, bis plötzlich in einer engen Linkskurve die Leitplanken verschwinden und wir auf die alte Rennstrecke gespült werden - die wir alle noch nie in unserem Leben gesehen haben, außer vielleicht in Zeitungsberichten! Zu Anfang klären sich schnell die Verhältnisse. Die DeLoreans und viele andere Fahrzeuge entschwinden schnell am Horizont - auf der Suche nach der Ideallinie. Auch der zweite Rover P6 überholt uns bereits nach ein paar Sekunden auf Nimmerwiedersehen. Schon nach ein paar Momenten sind wir praktisch allein auf der Strecke, und wir merken, wie die unnachahmliche Atmosphäre dieses geschichtsträchtigen Ortes uns plötzlich in den Bann zieht. |
ein Ort, an dem sich die automobile Seele offenbartDer Nürburgring ist nicht ohne Grund so berühmt! Zaghaft, wie Alice, die zum ersten Mal das Wunderland betreten durften, tasten wir uns um die ersten Kurven. Und in sanften Bögen geschwungen offenbart sich hinter jeder Straßenkuppe ein prachtvolles Panorama. Der Nürburgring ist so überhaupt nicht das, was man sich heute, vom Fernsehen verbildet, unter einer Rennstrecke vorstellt - der Straßenbelag ist grauenvoll, die Kurven abrupt, außer den Rasenflächen links und rechts und den Leitplanken gibt es gar nichts, was die Fahrbahn von dem umgebenden Wald trennt. Aber gerade deswegen entsteht zwischen Fahrzeug, Insassen und dieser Strecke eine einfach faszinierende, geradezu hypnotische Bindung. Die Bindung sollte zumindest entstehen, wenn man diese Strecke mit einem Auto mit einem Mindestmaß an Straßenlage befährt. Dazu gehört unser P6, wie sich schnell herausstellt, allerdings nicht. Der P6 fährt sich wie eine schwangere Ente. Doch während die schnatternden Franzosen mit ihren 28 PS-Motoren ja für ihre Kurvenneigung und die superweiche Federung gerühmt werden, wundert man sich in einer kräftigen Limousine natürlich schon eher, wenn in jeder Kurve die Türgriffe (die im P6 übrigens von innen aus gut zu sehen sind!) buchstäblich über den Asphalt kratzen. Andererseits - in Anbetracht des welligen und stoßigen Fahrbahnbelages ist für uns die weiche englische Federung wohl schon eine echte Wohltat! Als absolute Neulinge kennen wir auch die vielen Kurven des Rings noch nicht beim Namen - stattdessen raten wir einfach, was hinter der nächsten Kehre wohl auf uns wartet! Wenn man mit dem weichen Fahrwerk umgehen kann, erweist sich der Rover als geradezu idealer Geselle für diese Fahrt - an jeder Stelle ist genügend Kraft vorhanden, um uns einigermaßen flott weiterzubringen. Auch einen relativ modernen Mercedes 190E hängen wir beim Beschleunigen locker ab. Was für ernsthafte Sportwagenfahrer wie ein Rennen unter Fußgängern ausschaut, macht uns ganz einfach Spaß - ein lockeres Kräftemessen, bei dem keiner wirklich ernsthaft seine letzten Reserven mobilisiert. Es ist der gleiche Spaß, den ein neues Computerspiel macht, wenn man es noch überhaupt nicht kennt und dementsprechend bei jeder Aktion erstmal ganz naiv überrascht wird. Wahrscheinlich bringen wenige Orte den Charakter eines Autos so gut zum Ausdruck wie eine Fahrt über die Nordschleife. Wir spüren die alten Ledersitze unter uns, die verhältnismäßig eng geschnittene Kabine, die für vier Personen gerade den richtigen Platz bietet, wir sehen die vorbeiziehenden Bäume durch ein Panorama aus in zierlichen Aluminiumrahmen gefaßten Fenstern, unser Blick gleitet über die zahlreichen Rundinstrumente und das große, dünne Aluminium-Lenkrad in die Ferne, die Frontscheibe steht steil und relativ nah vor uns, und die beiden kleinen Scheibenwischer verdecken einen Teil der weit nach unten gezogenen Motorhaube. Ein wohlwollend, aber ziemlich kernig klingender V8 unter der Haube, ein störrisches Getriebe, das für ein bißchen Zwischengas beim Herunterschalten wirklich dankbar ist, die wunderbare weiche Federung und die völlig grauenvollen Fahreigenschaften..... so entsteht schnell ein umfassendes, dichtes Bild vom Rover P6 in meinem Kopf, von der Art, wie er auf der Straße lebt und wie man mit ihm leben kann. Hätte ich in einem Mercedes, oder einem Renault 5, oder einem Citroen DS gesessen - vielleicht würde mir nichts deren Identität so schnell offenbaren wie eine Runde über die Nordschleife. Kurz gesagt, ist diese Fahrt ein Erlebnis, das man definitiv nicht in Worte fassen kann. Auch nicht in Fotos. Man muß es selbst einmal gemacht haben. Da wir es gemütlich angehen, vergehen reichlich 17 Minuten, bis wir irgendwann, am Ende einer langen Gerade, wieder auf die Leitplankengasse treffen und aus der wunderbaren Rennstrecke herausgeleitet werden. Wie.... alles schon vorbei ? Aber nein! Die Streckenhelfer winken uns durch -wir dürfen nochmal auf den Ring! Das läßt sich der alte Rover natürlich nicht zweimal sagen - schon sind er und seine vier Insassen wieder unterwegs..... auf einer immer noch gemütlichen, aber doch schon etwas schnelleren Runde auf einer der schönsten Rennstrecken der Welt! |
A day at the Races (Teil 1) findet Ihr hier! |
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