Vor der Reise wird geplant
Text: Eberhard Weilke
Wem immer man auch erzählt, man hätte ein Erdgasauto gekauft, er stellt als erstes die wichtige Frage: „Hat es denn da auch Tankstellen? In letzter Zeit haben ja viele eröffnet, aber reicht denn das?“ Wenn dann der Unterschied zwischen LPG-Tankstellen (davon gibt es in der Tat inzwischen mehr als 6000 Stück) und CNG-Tankstellen (deren Anzahl sich seit Jahren ziert, die 1000-er Schweller zu überschreiten) geklärt ist, kommt die zweite Frage: „Und reicht das dann mit der Reichweite?“
Um diese Frage zu beantworten, muss man etwas weiter ausholen: Die schnelle und flächendeckende Verbreitung von Erdgastankstellen wird durch mehrere Faktoren gehemmt. Während eine Flüssiggastankstelle mit ca. EUR 25 000.- Baukosten eine recht überschaubare Investition darstellt, wird bei einer Erdgastankstelle rund die zehnfache Summe benötigt. Und während LPG per Lastwagen zu jedem beliebigen Punkt transportiert werden kann, ist eine Erdgastankstelle auf den Anschluss an das Erdgasnetz angewiesen. Dieses unterirdische Pipeline-Netzwerk ist zwar deutschlandweit gut ausgebaut, reicht aber in seinen feinen Verästelungen nur selten in siedlungsferne Gebiete. Das war auch der Grund, warum die ersten Erdgastankstellen meist auf den Betriebshöfen von Stadtwerken und städtischen Busbetrieben standen, meist mit sehr unkomfortablen Öffnungszeiten und nur mit betriebseigenen Tankkarten zu bedienen. Lange Zeit bedeutete deshalb die Fernreise mit einem Erdgasauto, dass man von der Autobahn runter musste um in obskuren Industriegebieten nach der Säule zu suchen. Wenn die dann auch noch defekt war, kam man mit einem monovalenten (also ohne Benzinreserve als Rückfallebene ausgestatteten) Wagen schnell in die Bredouille.
Seit ein paar Jahren hat sich aber die Situation deutlich verbessert und deutschlandweit findet sich ein hinreichend eng gestricktes Netz an öffentlichen Erdgas-Tankstellen, bei denen man rund um die Uhr sich versorgen kann. Inzwischen finden sich auch genug autobahnnahe Tankstellen, so dass man tatsächlich auch auf langen Strecken ohne viel Aufwand mit Erdgas reisen kann.
Den wirklichen Durchbruch für eine sorgenarme Fernmobilität brachte jedoch erst das Internet. Hier stehen Routenplaner zur Verfügung, die alle verfügbaren Tankstellen entlang der Reiseroute auflisten. Mit Öffnungszeiten, Kontaktdaten, Adresse, welche Tank- und Kreditkarten akzeptiert werden und meist halbwegs aktuelle Preisnotation. Ich bevorzuge den von gibgas.de, weil dieser auch die Eingabe von Zwischenhalten möglich macht und ich so perfekt meine deutschlandweiten Touren planen kann.
Meine Tankstrategie
Wichtig ist dabei die richtige Tankstrategie. Denn im Gegensatz zum Ducato mit Dieselantrieb hat die Erdgasversion nur eine Reichweite von ca. 300 – 350 Kilometern. Der Prospektwert von 400 km ist ein reiner Prospektwert, der vollgeladene Ducato kommt nicht mit 8,8 kg/100 km aus, in der Realität erreicht man mit ca. 10 kg/100 km ein angenehmes Reisetempo. Erdgastypisch ist auch, dass die maximal betankbare Kapazität der Erdgastanks stark schwankt, so lassen sich in kühler Nacht die vom Fahrtwind gekühlten Flaschen bei einer Tankanlage mit guten Druck erheblich besser befüllen, als es an einem heißen Sommertag mit eventuell eh schon maladem und druckarmem Kompressor möglich ist. Das führt bei im Prinzip konstanter Fahrweise zu teilweise sehr starken Ausschlägen in der Statistik. Eine halbwegs sinnvolle Aussage über den Verbrauch lässt sich deshalb auch erst über ein Intervall von mindestens zehn Tankvorgängen machen.
Im Gegensatz zum Diesel, mit dem man einfach losfahren kann und dann eine Tankstelle sucht, wenn die Reservelampe angeht, erfordert die Reise also eine sorgfältigere Planung. Da ich meine Reisen zu ständig wechselnden Einsatzstellen aber eh planen muss, bedeutet das keinen nennenswerten Mehraufwand. Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, die ideale Reichweite von ca. 250 – 350 km so entlang des Weges aufzuteilen, dass ich an möglichst günstigen (also unter 100 Cent für das Kilo H-Gas, 90 Cent für das energieärmere L-Gas), möglichst nahe an der Autobahn gelegenen Stationen tanke. Wenn diese die CCM- oder DKV-Tankkarten akzeptieren, umso besser, denn das reduziert meine Buchhaltungskosten. Recht schnell arbeitete ich so ein Netzwerk an Stationen aus, die für die großen Strecken ideal liegen. In meinem Fall (Ausgangspunkt Großraum Stuttgart) beispielsweise Satteldorf und Münchberg für den Weg in den Nordosten der Republik, Alzey für die Fahrten Richtung Westen und Werneck (bei Schweinfurt) und Göttingen für den Weg in den ganz hohen Norden. Auch für andere, große Etappen finden sich schnell strategisch günstige Stationen: Wenn ich von Hamburg über Köln zurück in den Süden will, tanke ich schon in Gyhum (Bockel) wieder voll. Der Autohof ist direkt an der Autobahn, es gibt H-Gas mit gutem Druck, die Tankstelle akzeptiert die DKV-Karte und das Gas reicht von dort locker bis nach Gevelsberg im Ennepetal. Hier muss man zwar ein paar Kilometer Umweg über die Bundesstraße nehmen, dafür komme ich, sogar wenn ich Termine im Rheinland wahrnehme, mit diesem Gas gut bis nach Bensheim und von dort dann heim ins Schwabenland.
Notorisch hochpreisige Regionen wie der Großraum München, Köln oder Thüringen versuche ich zu überspringen, da ich nicht einsehe, mit Erdgas höhere Kilometerkosten zahlen zu müssen, als ein Dieselantrieb verursachen würde.
Zugegeben, eine gewisse Flexibilität und ein gewisser Orientierungssinn sowie Kenntnisse im Kartenlesen sind natürlich bei dieser Art von Reiseplanung notwendig. Wenn man sich allerdings darauf einlässt, kommt man tatsächlich mit niedrigen Kosten und hinreichend flott voran.
|
|
|