Die Zahlen zum Sparen

Text + Bild: Eberhard Weilke

 

Getreu dem Motto, dass nur transparente Kosten gute Kosten sind, habe ich vor dem Kauf die Kostenstruktur des Betriebs eines Erdgasfahrzeugs genauer angesehen und mit der Kostenstruktur eines herkömmlichen Dieselfahrzeugs verglichen. Denn neben Umweltaspekten spielen natürlich auch Kostenaspekte eine wichtige Rolle, wenn man sich für oder gegen Erdgas als Kraftstoff entscheiden soll, das gilt nicht nur für ausgeprägte Geizgaser.

 

Als Berechnungsgrundlage nehme ich folgendes Anforderungsprofil an: Leichtes Nutzfahrzeug, etwa eine Tonne Nutzlast, 3,7 Meter Laderaumlänge, acht Jahre geplante Nutzungsdauer, etwa 50.000 km Jahresfahrleistung und damit eine geplante Gesamtlaufleistung von 400.000 km.

 

Die Anschaffungskosten

Es sind derzeit drei leichte Nutzfahrzeuge mit CNG-Antrieb auf dem Markt verfügbar. Der Mercedes Sprinter NGT, der Iveco Daily CNG sowie der Fiat Ducato Natural Power. Mercedes und Iveco bieten aufgrund der schweren Gasanlage und des schweren Heckantriebs nur eine Nutzlast von ca. 850 kg, für meine Zwecke kommt deshalb nur der Fiat in Betracht.

 

Der Aufpreis für die Erdgasvariante beträgt gegenüber der sehr souverän motorisierten 180 PS-Diesel-Version etwa 3200.- € netto. Gegenüber der 150 PS-Version sind es 5100.- € und gegenüber der leistungsmäßig vergleichbaren 130 PS-Version sind es 5800.- € netto.

 

In der Realität muss man sich auf einen deutlich höheren Preisaufschlag einstellen. Leichte Nutzfahrzeuge werden erfahrungsgemäß mit großen Rabatten abgegeben. Umso gängiger das gewünschte Modell ist, umso höher die Wahrscheinlichkeit, über das Internet deutschlandweit einen sofort verfügbaren Lagerwagen bei einem Händler zu finden, der den eigenen Anforderungen entspricht. Ein Rabatt von 23 – 37% ist hier die Regel und nicht die Ausnahme und erfordert kaum ambitionierte Feilscherei.

 

Die Erdgas-Variante hingegen wird normalerweise nur auf Kundenbestellung gefertigt, neben der längeren Lieferzeit (beim Fiat Ducato ca. 8 – 12 Wochen) erhält man nur sehr zögerlich einen verhältnismäßig niedrigen Rabatt.

 

Ich persönlich hatte das extrem große Glück, dass von einer Promotion der Firma Fiat Vorführfahrzeuge mit sehr niedrigen Kilometerständen als Jahreswagen angeboten wurden, die ziemlich exakt meinem Anforderungsprofil entsprachen. Das interessehalber vorher eingeholte Angebot für ein Erdgas-Neufahrzeug war preislich völlig unattraktiv.

 

In meinem konkreten Fall entstand daher durch die Beschaffung kein Mehraufwand (wenn man von dem Umstand absieht, dass der Wagen ein Jahr alt ist, einen Haltereintrag im Brief hat und die für mich nutzbare Garantielaufzeit um ein Jahr verkürzt ist). Um jedoch für die Berechnung einen Zahlenwert zu haben und weil ich für die Ersatzbeschaffung Rücklagen bilden muss, nehme ich einen Mehraufwand von€ 3200.- netto in die Berechnung. Dieser Wert ist ein Mindestwert, in der Realität kann er schnell um den Faktor 2-3 drüber liegen. Bei den Fahrzeugen von Iveco und Mercedes liegt der Mehraufwand in einer ähnlichen Region.

Die Opportunitätskosten/Finanzierungskosten

Streng genommen fallen Opportunitätskosten oder Finanzierungskosten an. Wird das Fahrzeug auch nur teilweise finanziert, so sollte man den Mehraufwand für die Erdgas-Variante durch einen Annuitätenrechner schicken und den Zinsaufwand in die Kostenrechnung einfließen lassen. Wird das Fahrzeug ohne Kreditaufnahme bezahlt, entsteht für das jetzt gebundene Geld ein Zinsverlust. Um die Berechnung nicht zu sehr zu verkomplizieren, ignorieren wir diese Kosten und nehmen realitätsnah an, dass man diesen Aufwand mit der Förderung durch den Energieversorger gegenrechnen kann. Wenn es diese Förderung überhaupt noch gibt…

Die Wartungskosten

Beim Erdgasantrieb erfordert die Wartung einen höheren Aufwand, da alle 45.000 km ein Ölabscheider sowie die Zündkerzen gewechselt werden und zur Gasprüfung am Fahrzeugboden die Verkleidungen der Gasflaschen demontiert werden muss. Laut mündlicher Aussage des Kundendienstmeisters meines Händlers wird die Inspektion statt € 400.- etwa € 700.- betragen, der Mehraufwand liegt somit bei € 300.- je 45.000 km.

Der erwartete Restwert

Ungewissheit ist die Vermarktung des gebrauchten Fahrzeugs am Ende seiner Nutzungszeit. Ein vorzeitiger Verkauf ist nur eigentlich nur sehr schwer möglich, da es praktisch keinen Markt für gebrauchte CNG-Nutzfahrzeuge gibt. Es muss schon sehr großer Zufall sein, dass man zum richtigen Zeitpunkt genau den Interessenten findet, der das Fahrzeug in genau der angebotenen Spezifikation sucht. In den einschlägigen Online-Marktplattformen sieht man die wenigen angebotenen Fahrzeuge oft Monate lang und selbst routinierte Vermarkter, wie die Firma Dat Autohus in Gyhum tun sich schwer, die gelegentlich anfallenden CNG-Transporter-Flotten von Stadtwerken zu vernünftigen Preisen zu verkaufen.

 

Wie die Preisstruktur für gebrauchte CNG-Transporter im Jahre 2018 aussieht, wenn, wie derzeit vorgesehen, der verringerte Satz für die Treibstoffsteuer wegfällt, steht in den Sternen. Wenn es dumm läuft, hat der Wagen dann nur noch Schrottwert.

 

Im Gegensatz dazu findet sich für einen Transporter mit Dieselmotor eigentlich immer ein Käufer, zur Not geht der Wagen in den Export. Selbst mit sehr hoher Laufleistung und vom Leben auf der Straße gezeichnet lassen sich eigentlich immer ca. € 2500,- erzielen.

Die Buchhaltungskosten

An vielen Erdgastankstellen werden keine deutschlandweit gültigen Flottenkarten wie DKV, UTA oder Routex akzeptiert, da die tatsächlich das Erdgas in Rechnung stellenden lokalen Stadtwerke keine Vertragspartner mit diesen Abrechnungsstellen sind und stattdessen ihre eigenen Kundenkarten vermarkten wollen. Für regional eingesetzte, gewerbliche Fahrzeuge mag das ja eine praktikable Lösung sein, für überregional eingesetzte Fahrzeuge (und da gibt es im Auftrag der Paketdienste wie beispielsweise TNT oder UPS einige Fahrzeuge) sind das nur schwer hinnehmbare Zustände. Denn während man bei einem Diesel-Fahrzeug zwei Abrechnungen im Monat per Post erhält, bringt man als Erdgasfahrer im Extremfall ein Bündel Tankquittungen zum Steuerberater. Und da man dank der beschränkten Reichweite von etwa 300 km etwa drei- bis vier Mal so oft tankt wie mit einem Dieselfahrzeug, ist es ein ganz schön dickes Bündel, das der Steuerberater erhält. Wenn man 80 Cent Buchhaltungskosten je Buchungszeile zu Grunde legt, ergibt sich für mich ein monatlicher Mehraufwand.

 

Ein, zugegeben, sehr kleiner Mehraufwand entsteht dadurch, dass beispielsweise DKV für Erdgas eine Service-Charge von 1,5 % erhebt, bei Diesel jedoch nur 0,75 %. Hintergrund ist der, dass bei Diesel bei Flottenkarten in der Regel bei für LKW typische Tankvorgänge sehr große Beträge anfallen (300 – 400 Liter je Tankvorgang) und bei CNG halt nur Kleckerlesbeträge gebucht werden, maximal € 40.-.

Gefahrene Umwege

Zum Glück ist das Erdgastankstellennetz heute wesentlich besser ausgebaut, als es noch vor wenigen Jahren war und zum Glück gibt es inzwischen auch eine recht gute Versorgung entlang der Autobahnen. Dennoch fährt man öfters Umwege, da viele autobahnnahe Tankstellen dann doch ein kurzes Stück von der Autobahnausfahrt abgelegen liegen. Als Beispiel kann man hier Göttingen, Weißenfels, Ludwigsburg, Alzenau oder Weiden nennen, aber auch Werneck erfordert einen Umweg, wenn man weiter auf der A7 reisen möchte. In Städten muss man häufig kleinere Umwege fahren, um die Erdgastankstelle zu erreichen. Erfahrungsgemäß legt man ca. 2 % mehr Wegstrecke zurück, als mit einem Dieselfahrzeug, das an fast jeder Ecke tanken kann. Wenn wir sehr konservative 25 Cent Fahrzeugkosten je Kilometer annehmen, ergibt sich dadurch ein Mehraufwand von einem halben Cent je Gesamtkilometer.

 

Die Kosten, um überhaupt ein Erdgasfahrzeug betreiben zu können, stellen sich daher in meinem Fall wie in folgender Tabelle dar:

Ersparnis durch die Kraftstoffkosten

Von den Erdgasanbietern wird gerne der höhere Energiegehalt von Methan als Argument verwendet. Gegenüber Diesel sei dieser um den Faktor 1,3 höher, gegenüber Benzin sei der Faktor sogar 1,5. In Zusammenspiel mit dem niedrigeren Abgabepreis entsteht der zwar einprägsame, aber bei näherer Betrachtung irreführende Werbespruch des „Tanken für die Hälfte“ beziehungsweise, schlimmer noch, „Fahren für die Hälfte.“

 

Das ist in der Theorie richtig. In der Praxis zeigt sich aber, dass Benzin bei den leichten Nutzfahrzeugen seit Jahrzehnten keine Rolle mehr spielt und bei Personenwagen mit hoher jährlicher Laufleistung seit einigen Jahren auch nicht mehr. Was interessiert, ist der Kostenvergleich zum Dieselmotor und speziell hier haben in den letzten Jahren viele Maßnahmen der Effizienzsteigerung gegriffen, welche die CNG-Motoren in der Regel aufgrund der geringen Stückzahl und damit verbundenen begrenzten Budgets für F&E-Kosten nicht erfahren. Hinzu kommt, dass der Erdgasmotor ein fremdgezündeter Otto-Motor ist, der insbesondere im Teillastbereich durch die Drosselverluste konstruktiv bedingt ineffizienter läuft als ein Diesel. Ein weiterer wichtiger Faktor ist auch, dass der Erdgasantrieb, vor allem die Speicherflaschen, sehr schwer ist und dies den Verbrauch natürlich auch erhöht. Statt des Faktors 1,3 darf man, meiner Erfahrung nach, höchstens 1,1 – 1,15 zur Anwendung bringen. Oder anders gesagt: Während mein Natural Power 10,5 kg auf 100 km verbraucht, würde ein vergleichbarer Diesel (habe ich als Miettransporter ja oft genug mit ähnlicher Beladung und auf ähnlichen Strecken bei ähnlicher Fahrweise genutzt) mit 10,5 bis maximal 12 l/100 km sich bewegen lassen (natürlich immer in Bezug auf vergleichbare Fahrzeuge, ein Sprinter oder Crafter hoch/lang verbraucht auch mal 2 Liter mehr). Auch der Blick in die Datenblätter unterstützt diesen Ansatz: Der NEFZ-Verbrauch des Ducato Natural Power ist mit 8,8 kg/100 km angegeben, bei der leistungsmäßig vergleichbaren Dieselausführung steht der Wert von 8,8 l/100 km.

 

Dank meiner bewussten Tankstrategie unter Ausnutzung des sehr intelligenten Routenplaners von gibgas.de und des bewussten Vermeidens von teuren Tankstellen komme ich derzeit auf 11 Euro Kraftstoffkosten je 100 Kilometer mit CNG, mit Diesel müsste ich bei den derzeitigen Kraftstoffpreisen 14 – 16 Euro veranschlagen. Die Kraftstoffkosten lassen sich daher derzeit im Idealfall um drei bis fünf Euro je 100 km reduzieren.

 

Dieser Ersparnis stehen mindestens 2,815 Euro je 100 Kilometer höhere Fahrzeugkosten gegenüber. Dieser Wert ist auch jetzt noch sehr konservativ gerechnet, würde man eine geringere Gesamtlaufleistung, erhöhte Personalkosten für die vielen Tankvorgänge, geringere Erträge aufgrund der verringerten Nutzlast oder das unzweifelhaft erhöhte Reparaturrisiko eines Erdgasautos zum Ansatz bringen, wird sich der Wert spielend leicht erhöhen. Oder anders gesagt: Eine erdgasspezifische Reparatur von € 2500.- (beispielsweise durch einen gerissenen Zylinderkopf, defekte Einblasdüsen oder mehrfachen Ausfall der Zündspulen) hat in meinem Fall das Potential, einen großen Teil der auf acht Jahre Nutzungszeit prognostizierten Ersparnis aufzufressen!

Zentrale Forderungen

Als gewerblicher Erdgasanwender muss man daher eine Reihe von Forderungen an die Erdgasanbieter sowie Fahrzeughersteller formulieren:

 

-          Der Preisabstand des Kilopreises von Erdgas gegenüber des Diesel-Literpreis muss immer mindestens 30 Cent betragen. Erst ab diesem Preisabstand stellt sich bei idealen Bedingungen eine Ersparnis ein, ist der Preisabstand geringer, fährt man mit einem Erdgasfahrzeug tatsächlich teurer als mit einem Dieselfahrzeug. Selbst bei den extrem hohen Dieselkosten des Winters 2011/12  ist ein Preis für H-Gas höher als 115 Cent und L-Gas höher 105 Cent aus Kostensicht völlig indiskutabel.

-          Die Abrechnung über Routex, DKV oder UTA sollte gewährleistet sein, um den Buchhaltungsaufwand zu reduzieren.

-          Tankstellen müssen verkehrsgünstig gelegen sein, idealerweise an Hauptverkehrsstraßen und mit 24/7 Öffnungszeiten. Sie sollten mindestens zwei unabhängige Zapfpunkte bieten und einen leistungsfähigen Kompressor mit ordentlicher Speicherbank.

-          Idealerweise steht in maximal 10 km Entfernung eine Ausweichtankstelle zur Verfügung, damit während Ausfallszeiten wegen Eichung oder, was ja gelegentlich vorkommt, technischen Defekten (Schlauchabriss, Kompressorschaden) die Fahrzeuge nicht stehen bleiben.

-          Das erdgasspezifische Reparaturrisiko darf nicht alleine vom Fahrzeughalter zu tragen sein. Auch nach Ablauf der Garantie muss er vor diesem Kostenrisiko geschützt werden. Hier wäre eine Versicherung wünschenswert, deren Prämie zu einem Drittel der Fahrzeughersteller, zu einem Drittel der Energieversorger und zu einem Drittel der Halter selbst zu tragen hat.

 

Es ist sehr wichtig, dass die Erdgasanbieter verstehen: Es war ihre Investition, die teure Anlagentechnik bereit zu stellen, um eine Versorgung mit Erdgas als Kraftstoff zu gewährleisten.

 

Es war und ist die ständige Investition der Anwender, die den Absatz des Kraftstoffs Erdgas  jedoch erst möglich machen. Sie sind es, die erst einen Markt für Erdgas als Kraftstoff schaffen und sie können auch recht kurzfristig durch Verlagerung ihrer Investition diesen Markt wieder verkümmern lassen. Dies geschieht zum einen, indem überregional bewegte Fahrzeuge die teuren Tankstellen meiden und zu günstigen Tankstellen ausweichen (dass das geht, kann man in Tankstrategie nachlesen), und es geschieht zum anderen, dass bei der Ersatzbeschaffung auch kurzfristig auf andere Antriebsarten ausgewichen werden kann. Mein Ducato wird ja noch relativ moderat bewegt, ein wirklicher Vielläufer wie ein Taxi oder Linienwagen für einen Paketdienst wird nach ein bis drei Jahren ausgetauscht. Wir reden hier von Fahrzeugen, die monatlich eine halbe bis ganze Tonne Erdgas verbrauchen. Stimmen die wirtschaftlichen Voraussetzungen für ein Erdgasfahrzeug nicht mehr, fallen diese Mengen weg und werden zum Diesel verlagert.

 

Und dann stehen die Erdgasanbieter mit ihrer teuren Technik alleine da und haben gar keinen Ertrag.

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